Das Thema Jo-Jo-Effekt erregt in der Wissenschaft zunehmend Aufmerksamkeit. Der Begriff beschreibt das Phänomen der ungewollten und raschen Gewichtszunahme nach einer Diät. Forscherinnen und Forscher untersuchen, welche Ursachen und Auswirkungen dieser demotivierende und gesundheitsgefährdende Effekt hat. Das Ziel ist herauszufinden, wie das kontraproduktive Gewichtspingpong vermieden werden kann. Diverse Studien setzen an unterschiedlichen Ansatzpunkten an. Unser Medical Team fasst Ihnen zwei davon zusammen.
Über 300 Millionen Menschen leiden unter Fettleibigkeit. Das entspricht weltweit 44 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Betroffene sind mit mentalen Belastungen und körperlichen Konsequenzen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes konfrontiert. Dabei macht der Jo-Jo-Effekt vielen, die abnehmen wollen, einen Strich durch die Rechnung und es stellt sich kein langfristiger Erfolg ein. Dabei steckt mehr dahinter als fehlende Essdisziplin oder Willenskraft, wie Beobachtungen jetzt zeigen.
Im Rahmen der sogenannten Diogenes-Studie begleitete im Jahr 2010 ein internationales Forschungsteam 772 Familien in verschiedenen EU-Ländern, um herauszufinden, welche Ernährungsfaktoren bei einer Gewichtszunahme eine Rolle spielen1.
Die im New England Journal of Medicine ↗ veröffentlichten Ergebnisse belegen: Viel Eiweiß in seine Diät zu integrieren, erhöht die Chancen, den Jo-Jo-Effekt zu verhindern.
Bei der breit angelegten Ernährungsstudie wurden 772 Familien mit 938 übergewichtigen Erwachsenen und 827 Kindern begleitet, wobei rund 72 Prozent die Studie beendeten.
Zu Beginn hielten sich die Teilnehmenden acht Wochen lang an eine Diät, bei der sie durchschnittlich 11 kg abnahmen. Im Anschluss wurden die Familien per Zufallsprinzip einer von fünf Diäten zugeteilt, die für einen Zeitraum von sechs Monaten eingehalten wurde:
Diät | Details |
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Diät 1 | Kost mit erhöhtem Eiweißanteil (25 Prozent Eiweißanteil) und niedrigem Glykämischen Index (GI)* |
Diät 2 | Kost mit erhöhtem Eiweißanteil und hohem GI |
Diät 3 | Kost mit niedrigem Eiweißanteil (13 Prozent Eiweißanteil) und niedrigem GI |
Diät 4 | Kost mit niedrigem Eiweißanteil und hohem GI |
Diät 5 | Kontrollgruppe, die sich an die bestehenden Ernährungsempfehlungen des entsprechenden EU-Landes hielten. Eiweiß und GI standen dabei nicht im Fokus. |
*Der Glykämische Index ist ein Maß für die Blutzuckererhöhung, die durch kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel ausgelöst wird. Je höher er ist, desto größer ist die Insulinausschüttung und desto stärker wird die Fettverbrennung gebremst.
Eiweißhaltige Lebensmittel wirken sich im Gegensatz zu Kohlenhydraten und Fetten günstig auf den langfristigen Abnehmerfolg aus, z. B.:
Lebensmittel mit einem niedrigen GI lassen den Blutzucker langsamer und auf einen niedrigeren Wert ansteigen als kohlenhydrathaltige Lebensmittel mit einem hohen GI. Steigt der Blutzucker zu schnell an, sind unerwünschte Wirkungen die Folge, die sowohl den Stoffwechsel als auch die geistige Leistungsfähigkeit beeinflussen.
Vollkornprodukte haben einen niedrigeren GI als beispielsweise Weißmehlprodukte. Daher sollten man möglichst Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Vollkornhaferflocken und Vollkornzerealien bevorzugen.
Tageszeit | Mahlzeiten |
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Frühstück | Müsli mit fettarmem Jogurt, Knäckebrot mit fettarmem Käse und 1 Orange |
Snack (Vormittag) | Gemüse-Sticks und magere Käse-Sticks |
Mittagessen | Vollkorn-Roggenbrot mit magerem Fleisch- oder Geflügelaufschnitt; Makrele in Tomatensoße und gemischtes Gemüse |
Snack (Nachmittag) | Vollkorn Roggenbrot mit fettreduzierter Leberpastete und Gurke |
Abendessen | Gebratenes Truthahnfleisch aus der Pfanne mit Gemüse und Vollkornnudel; Avocado-Salat mit Feta-Käse und Zuckererbsen |
Getränke zu den Mahlzeiten | Wasser; Fettarme Milch |
„Die Diogenes-Studie zeigt, dass die gegenwärtigen Ernährungsempfehlungen nicht ideal sind, um einer erneuten Gewichtszunahme übergewichtiger Personen vorzubeugen“, informiert Andreas Pfeiffer, Leiter der Abteilung Klinische Ernährung, Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE).
„Eine Kostform mit einem etwas höheren Eiweißanteil als der, der derzeit empfohlen wird, und einem niedrigen GI, erleichtert es übergewichtigen Personen nach einer Reduktionsdiät, ihr vermindertes Körpergewicht längerfristig beizubehalten. Zudem scheint es den Studienteilnehmern leichter zu fallen, ihre Ernährungsweise dauerhaft auf eine solche Kostform umzustellen“, resümiert Pfeiffer.
Eine Studie des Weizmann Institute of Science, Rehovot von 2016 ergab: Bei Übergewicht kommt es zu einer nachhaltigen Veränderung der Darmflora, die auch nach einer Diät größtenteils bestehen bleibt und eine erneute Gewichtszunahme begünstigt3.
Für die Analyse wurden Mäuse dem Jo-Jo-Effekt ausgesetzt. Die normalgewichtigen Tiere nahmen erst an Gewicht zu und nach einer kalorienreduzierten Diät wieder ab. Nach mehreren Zyklen setzte der Jo-Jo-Effekt ein und die Mäuse nahmen deutlich schneller zu.
Die Vermutung der Forschungsgruppe: Das Übergewicht hatte im Körper der Tiere Spuren hinterlassen, die ihre Reaktion auf energiereiche Nahrung nachhaltig verändert – nur wo? Der Vergleich mit der normalgewichtigen Kontrollgruppe zeigte keine Unterschiede bei der Energieverbrennung, der Insulinproduktion, den Cholesterinwerten, dem Sauerstoffverbrauch oder dem Bewegungsverhalten.
Fündig wurde Forschungsgruppe in der Darmflora. „Das Mikrobiom im Verdauungstrakt war nach der Diät nicht in den ursprünglichen Zustand zurückgekehrt“, berichtet Christoph Thaiss und seine Kollegen vom Weizman Institute of Science in Rehovot. Bekannt sei, dass Übergewicht zu einer Verschiebung der Bakterienzusammensetzung führe. Die Dysbiose, d.h. das Ungleichgewicht der Darmflora, ist Mitauslöser für Begleiterkrankungen des Übergewichts.
Die Studie zeigte, dass die Darmflorabalance nicht nach Ende einer Diät wiederhergestellt war. Bei einem Übergewicht von vier Wochen dauerte es 21 Wochen, bis sich die Darmflora wieder normalisierte.
Um herauszufinden, ob die Bakterien im Darm beim Jo-Jo-Effekt ursächlich beteiligt sind, führten die Wissenschaftler weitere Versuche durch. Die Darmflora von ehemals übergewichtigen Mäusen wurde dabei in den Verdauungstrakt schlanker Kontrollmäuse transplantiert. Das Ergebnis: Bekamen diese nun eine etwas fettreichere Kost, litten sie ebenfalls unter dem typischen Jo-Jo-Effekt – obwohl sie weder Übergewicht noch eine Diät hinter sich hatten.
Ein gezielter Fokus auf die Balance der Darmflora und den Stoffwechsel könnte Betroffene dabei unterstützen, langfristig abzunehmen.
Auch die individuellen genetischen Voraussetzungen können beim Jo-Jo-Effekt eine Rolle spielen. Verantwortlich dafür sind unter anderem sogenannte Single Nucleotide Polymorphism (SNP), d. h. Variationen unseres Gen-Zusammenspiels, die Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Deshalb gibt es nicht „die eine“ Diät, die bei jedem Menschen gleichermaßen zum gewünschten Ziel führt. Abnehmen ohne Jo-Jo-Effekt kann bei stoffwechselgerechter Ernährung erfolgreicher sein.
Der igevia-Stoffwechseltest basiert genau darauf und analysiert 23 SNPs in 19 Genen. Die Gene ACVR1B, ADRB2, ADRB3, FTO, LEPR und MLXIPL können z. B. darüber Auskunft geben, ob Sie gemäß Ihrer Veranlagung zum Jo-Jo-Effekt neigen. Entsprechend der Ergebnisse erhalten Sie individuell abgestimmte Ernährungs- und Sportempfehlungen, inklusive Lebensmittelempfehlungen und einem 14-tägigen Ernährungsplan mit Rezepten.
Medizinisch geprüft
Dieser Artikel wurde von Mag. Nora Zulehner, PhD auf seine medizinische Richtigkeit geprüft.
Quellen:
1 Larsen T.M. et al, 2010: Diets with High or Low Protein Content and Glycemic Index for Weight-Loss Maintenance. The New England Journal of Medicine.; 363.S.2012-13.
3 Thaiss C.A. et al, 2016: Persistent microbiome alterations modulate the rate of post-dieting weight regain. Nature; Dec 22;540(7634):544-551